Der Recovery-Gedanke als Grundhaltung im Tageszentrum

vom 15.05.2023

Das Tageszentrum für Alterspsychiatrie im Haus Tabea orientiert sich bei der Betreuung seiner Gäste am sogenannten Recovery-Gedanke. Dieser Ansatz zielt darauf ab, Menschen mit psychischen und/oder psychosozialen Einschränkungen an ein selbstbestimmtes und zufriedenes Leben heranzuführen. Doch was bedeutet das konkret? Lesen Sie im Folgenden, wie der Recovery-Gedanke die Betreuung im Tageszentrum prägt.

Recovery ist keine Behandlungsmethode, sondern eine Grundhaltung. Diese Tatsache ist Nadja Papst, der Leiterin des Tageszentrums, ganz wichtig. Sie führt weiter aus: «Der Recovery-Gedanke zieht sich wie ein roter Faden durch die Betreuung im Tageszentrum. Es ist eine Haltung, die unsere Mitarbeitenden vertreten und täglich umsetzen. Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt, also eine völlige Symptomfreiheit, sondern beinhaltet eine Wandlung des Selbst.»

Grenzen akzeptieren und damit umgehen

Ein zufriedenes und selbstbestimmtes Leben wird dann ermöglicht, wenn jemand akzeptiert, dass gesundheitliche Einschränkungen irgendeiner Art zwar vorhanden sind, diese aber keinen Einfluss auf die Lebensqualität haben müssen. Nadja Papst, Leiterin des Tageszentrums, erklärt: «Mit Recovery lernen Menschen, die von einer psychischen oder psychosozialen Grunderkrankung betroffen sind, dass ein zufriedenes Leben trotz und mit der Einschränkung möglich ist. Unsere Mitarbeitenden begleiten die Betroffenen auf ihrer individuellen Recovery-Reise.» Anhand eines Beispiels schildert Nadja Papst, wie eine solche Recovery-Reise ablaufen könnte: «Ein Tagesgast berichtet beim Eintrittsgespräch, dass sie Mühe hat in den Tag zu starten. Sie beschreibt ein Ohnmachtsgefühl, wenn sie an einfachste Alltagsaufgaben denkt, die zu erledigen sind. Dieses Gefühl beginnt bereits beim Gedanken, sich Frühstück zubereiten zu müssen. Die Betroffene fühlt sich blockiert und verkriecht sich wieder ins Bett anstatt aufzustehen. Sie wünscht sich, ihren Alltag wieder selbstständig strukturieren zu können ohne dabei das Gefühl zu haben, an den zu erledigenden Aufgaben zu ersticken. Gemeinsam wird vereinbart, dass die Betroffene zunächst in einem begleiteten Rahmen erlernt, einen Tag zu planen und diesem Plan zu folgen. Die Mitarbeitenden zeigen Strategien auf, die sie nutzen kann, um dem Ohnmachtsgefühl entgegenzuwirken. Sie lernt zu erkennen, wodurch Druck, Stress und Blockaden bei ihr ausgelöst werden und wie sie den Ursachen entgegenwirken kann. Schrittweise wird der Tagesgast dann unterstützt, das Gelernte auch selbstständig in der häuslichen Umgebung umzusetzen.»

Experte der eigenen Genesung

Das hier geschilderte Beispiel zeigt auf, dass bei der Recovery-Reise der oder die Betroffene als Experte bzw. Expertin der eigenen Genesung fungiert. Er oder sie definiert selbst, welche Aspekte es braucht, um ein zufriedenes und selbstbestimmtes Leben führen zu können. Nadja Papst ergänzt: «Wir – also unsere erfahrenen Fachpersonen – zeigen Wege und Möglichkeiten auf, wie unsere Gäste die selbst definierten Ziele erreichen können. Wir schätzen ab, welche unserer therapeutischen und aktivierenden Angebote in Frage kommen. Darüber hinaus machen wir auf Perspektiven aufmerksam und ermöglichen so unseren Gästen, Neues zu entdecken und über «den Tellerrand» hinauszuschauen.» Recovery bedeutet also, dass stets die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen im Fokus stehen. Sie geben den Rhythmus vor, an den sich das Team des Tageszentrums anpasst. Das beginnt bei der Morgenrunde gleich nach dem gemeinsamen Frühstück, an welcher das Tagesprogramm durch die Mitarbeitenden vorgestellt und dann mit den anwesenden Gästen besprochen und bei Bedarf angepasst wird. So wird Sinnhaftigkeit erzielt sowie Motivation und Autonomie der Betroffenen gefördert, was letztendlich zum Erfolg führt.

Recovery von Anfang an

Dem Tageszentrum im Haus Tabea ist es wichtig, den Recovery-Gedanken konsequent umzusetzen. Das beginnt bereits bei den verschiedenen Möglichkeiten zum Kennenlernen des Tageszentrums. So ist für den einen Gast vielleicht ein unverbindlicher Besuch im Kennenlern-Kaffi der richtige Weg, für andere Gäste ein Einzelgespräch oder gleich ein Probetag. Es gilt auch hier, auf die individuellen Bedürfnisse zu reagieren. Im Rahmen des gegenseitigen Kennenlernens werden mögliche Behandlungsziele thematisiert und seitens Tageszentrum erste Empfehlungen abgegeben, die im Rahmen des Vier-Augen-Prinzips von einem Facharzt/einer Fachärztin zusätzlich geprüft und bestätigt werden. Beispielsweise wird empfohlen, wie oft das Tageszentrum besucht werden soll und welche Inhalte und Aktivitäten die Zielerreichung positiv beeinflussen können. Ob der zukünftige Gast den Empfehlungen nachgeht, ist ihm bzw. ihr überlassen. Es wird von Seite Tageszentrum keinerlei Druck ausgeübt. Dazu nochmals dessen Leiterin Nadja Papst: «In unserem Tageszentrum ermutigen, unterstützen und begleiten wir die Gäste auf ihrem individuellen Recovery-Weg. Achtsam, gemeinsam und auf Augenhöhe.»


Alterszentrum Haus Tabea
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